Udo Zimmermann
WEISSE ROSE
Streaming-Angebot vom 29.09.2021 bis zum 28.10.2021 bei ARTE Concert
Szenen für 2 Sänger und 15 Instrumentalisten von Udo Zimmermann
Eine Graphic Opera von David Bösch, Patrick Bannwart und Falko Herold
Musikalische Leitung: Nicolas André
Regie: David Bösch
Animation/Ausstattung: Patrick Bannwart, Falko Herold
Kamera: Matthias Wittkuhn
Dramaturgie: Janina Zell
Sophie Scholl: Marie-Dominique Ryckmanns
Hans Scholl: Michael Fischer
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Erstmals als Film und in völlig neuer Form: Regisseur David Bösch inszeniert mit Patrick Bannwart und Falko Herold Zimmermanns Kammeroper als Graphic Opera „WEISSE ROSE" neu. Unter der Musikalischen Leitung von Nicolas André verkörpern Marie-Dominique Ryckmanns und Michael Fischer die Titelpartien. Anlässlich des 100. Geburtstags der Widerstandskämpferin hatte diese Produktion der Staatsoper Hamburg TV-Erstausstrahlung am 9. Mai 2021 um 23.40 Uhr auf ARTE und war dort vom 8. Mai bis zum 6. August 2021 in der Mediathek abrufbar. Der NDR zeigte sie am 22. Mai 2021 um 22.30 Uhr. Vom 29. September 2021 bis zum 28. Oktober 2021 ist die Graphic Opera im Rahmen des Golden Prague Festivals bei Arte Concert verfügbar.
Mehr Informationen zu WEISSE ROSE
„Sterbe ich durch den Strick oder durch das Fallbeil?“ – Am 18. Februar 1943 verteilen Hans und Sophie Scholl das sechste Flugblatt der Weißen Rose in der Münchner Universität. Sie werden festgehalten, verhaftet und vier Tage später wegen Aufrufs zum aktiven Widerstand gegen den Nationalsozialismus und die Reichsregierung zum Tode verurteilt. Die Hinrichtung erfolgt noch am selben Tag im Gefängnis München-Stadelheim, mit ihnen wird Christoph Probst ermordet. Kurze Zeit später folgen die Todesurteile von Alexander Schmorell, Willi Graf und Professor Kurt Huber, dem gesamten engen Kreis der Widerstandsgruppe Weiße Rose.
Udo Zimmermann und Librettist Wolfgang Willaschek fangen die letzten Stunden von Sophie und Hans vor ihrer Hinrichtung in einer Kammeroper ein. Fernab einer realistischen Handlung im Gefängnis führen sie an die Gefühle, Erinnerungen und Zweifel der jungen Menschen heran, die annehmen, dass sie für das, was sie taten, sterben müssen. „Es ist eine Dramaturgie des ‚inneren Theaters‘“, so Zimmermann, „die ‚Stille‘, die ‚Pausen‘ sind die wesentlichsten Elemente einer solchen ‚inneren Handlung‘. Vielleicht sind die größten Momente im Stück die ‚Augenblicke des Schweigens‘.“ Zwischen Träumen, Naturszenerien und Momenten des Grauens entsteht ein intimer Zugang zum Schicksal des Widerstandskreises.
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Fotos: Brinkhoff/Mögenburg
u. a. Michael Fischer (Screen/Mitte), David Bösch (rechts)
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u. a. Marie-Dominique Ryckmanns (links) und David Bösch (rechts)
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David Bösch (vorne, Mitte), Michael Fischer (links), Marie-Dominique Ryckmanns (rechts)
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Marie-Dominique Ryckmanns (links) und Michael Fischer (rechts)
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Marie-Dominique Ryckmanns
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Marie-Dominique Ryckmanns und Kamerateam
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Marie-Dominique Ryckmanns
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u. a. Marie-Dominique Ryckmanns
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u. a. Marie-Dominique Ryckmanns
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u. a. Marie-Dominique Ryckmanns
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u. a. Michael Fischer und Marie-Dominique Ryckmanns (hinten)
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Marie-Dominique Ryckmanns
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Marie-Dominique Ryckmanns
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Marie-Dominique Ryckmanns, Michael Fischer
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Marie-Dominique Ryckmanns
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Michael Fischer
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Michael Fischer, Marie-Dominique Ryckmanns
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Marie-Dominique Ryckmanns
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Marie-Dominique Ryckmanns
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Michael Fischer, Marie-Dominique Ryckmanns
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Marie-Dominique Ryckmanns, Michael Fischer
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Das Team über WEISSE ROSE
David Bösch, Regisseur WEISSE ROSE
Wenn die Theater geschlossen sind, muss man in andere Räume: Auf die Straßen, in die Schau-fenster der leerstehenden Innenstädte, auf Balkone oder in den digitalen Raum. Hauptsache in die Köpfe der Menschen. Und dort etwas bewegen.
Der Lockdown, die geschlossenen Theater verpflichten diejenigen, die die Möglichkeit des Ar-beitens haben, dazu, neue Formate zu entwickeln, näher an der Kunst als am Film.
Als wir die Proben für die Kinderoper „Spring doch" von Gordon Kampe und Andri Beyeler an der Bayerischen Staatsoper in München wegen des ersten Lockdowns beenden mussten, entstand die Idee einen Opernfilm zu erfinden: reale Spielszenen und animierte Sequenzen verbinden sich – der Versuch eines eigenen Genres.
Mit Georges Delnon entstand danach die Idee, diese Form auszubauen. Mit einer Geschichte, die wichtig ist – egal ob eine Pandemie wütet, der Kapitalismus oder die Pubertät.
Mit einer Musik, die in den Eingeweiden wühlt und Geschichte spürbar macht.
Mit der Oper „Weiße Rose" von Udo Zimmermann.
Die Sängerdarsteller*innen agieren in Green-, Blue- und Regenbogen-Screens.
In der Natur und auf der Probebühne.
Großaufnahme und gezeichnetes Detail können wechseln, Zeiten und Ebenen verschwimmen.
Georges Delnon, Opern- und Orchesterintendant
Natürlich haben wir uns schon am Anfang der Corona-Pandemie gefragt, was wir mit den ent-stehenden Freiräumen tun, wie wir sie produktiv nutzen können. Das Medium Film hat mich dabei von Anfang an interessiert, in unterschiedlichen Formen: Bei Pierrot lunaire von Luis Au-gust Krawen verlagerte sich die Inszenierung in den Film zur live gespielten Musik. Dann haben wir mit unserer Premiere Manon von Jules Massenet zusammen mit dem Bild-Regisseur Jan Peter Gehrckens und dem NDR den Versuch unternommen, eine Inszenierung nicht nur zu übertragen, sondern mit der Kamera wirklich schlüssig zu erzählen. Mit David Bösch, der bei Manon Regie führte, entstand währenddessen die Idee zu einem ganz neuen Format: einer „Graphic Opera" mit einem sehr ernsthaften Thema, der Weißen Rose. Über die Geschichte von Sophie und Hans Scholl hatte ich schon länger nachgedacht. Die Kammeroper „Weiße Rose" von Udo Zimmermann gehört für mich zu den wirklich spannenden Uraufführungen in unserer opera stabile aus der Vergangenheit. Diese jetzt in einem neuen Medium – oder besser: Genre – wieder aufleben zu lassen und mit heutigen Mitteln zu erzählen, dient auch und vor allem dem Ziel, jungen Menschen die Geschichte durch Musik und ein weiteres Medium, das ihrer Zeit entspricht, näher zu bringen. Umso mehr freue ich mich über die Zusammenarbeit mit arte und der Bundeszentrale für politische Bildung, die diese Arbeit vor allem Schulen zugänglich machen wird.
Falko Herold, Animation und Ausstattung gemeinsam mit Patrick Bannwart
Warum sich die Form der „graphic animation" für die visuelle Umsetzung der „Weißen Rose" von Udo Zimmermann gut eignet.
Die Antwort auf diese Frage liefert Zimmermann selber: „szenische Offenheit für Poesie, Traum und Utopie" seien für die Inszenierung der Oper erforderlich, wobei „die Grenzen zwischen Rea-lem und Irrealem fließend bleiben" sollen. Auf der Suche nach dem geeigneten künstlerischen Mittel erscheint es uns daher logisch, erstens mit den Mitteln des Filmes zu arbeiten, da ja der Film seit Méliès einen natürlichen Hang zum spielerischen Verwischen der Grenzen zwischen Realem und Surrealem hat. Und zweitens können wir, indem wir real gefilmte Szenen mit Zeichnungen, animierten Fotos und Zeitdokumenten mischen, den real gefilmten Raum erwei-tern: paradoxerweise gewinnt der Raum also gerade durch zweidimensionale Zeichen eine zu-sätzliche Dimension – die Rätselsprache der Traumlogik.
Marie-Dominique Ryckmanns, Sängerdarstellerin der Sophie Scholl und Mitglied des In-ternationalen Opernstudios der Staatsoper Hamburg
Ich komme aus München, wo die Geschwister Scholl bis heute eine große Präsenz haben. An der Ludwig-Maximilians-Universität habe ich einige Semester Italienisch studiert und dabei immer wieder den berühmten Lichthof gekreuzt, wo damals die Flugblätter verteilt wurden und die Festnahme der beiden erfolgte. Da schwebt schon etwas in der Luft ...
Das erste Mal, als ich die Noten in den Händen gehalten habe, hatte ich einen Riesenrespekt, sogar Angst vor der Rolle der Sophie Scholl: Wie kann ich so eine starke Persönlichkeit darstellen? Dann hat die Hintergrundarbeit angefangen und ich habe mir neben der Musik auch Zeichnungen, Fotografien, Briefe und Biografien angeschaut. Darüber bin ich der Privatperson „Sophie" viel nähergekommen. Sie war so ein lebensfroher, naturverbundener Mensch – das hat den Zugang zum Werk für mich erleichtert.
Das Thema der Schuldfrage wird ja immer wieder diskutiert. Neben der Anerkennung der Schuld sollten wir uns unserer Verantwortung bewusst sein. Sophie und natürlich auch Hans und der ganze Kreis der Weißen Rose haben uns eine Verantwortung mitgegeben: In Situatio-nen, in denen wir sehen, dass etwas Unrechtes passiert, nicht einfach nur danebenzustehen. Wir haben eine Stimme und wir müssen mit ihr einstehen.
Michael Fischer, Sängerdarsteller des Hans Scholl
Sich in die Situation zu versetzen, dass man in einer Stunde stirbt, ist nicht so einfach. Das Stück zeichnet Bilder von Naturszenerien, Erinnerungen von Sophie an ihre Mutter, Kriegstraumata von Hans und dem nahenden Tod. Die Komposition spürt diesen Extremen nach, geht in äußerste Höhen, schreibt der Stimme die Qualen sozusagen ein. Das ist psychisch und physisch sehr fordernd. Die Mikrophone und Kameras sind uns als Darsteller*innen dabei ganz nah und fangen diese sehr emotionalen Momente ein. Viele Biografien beschreiben die starken und heroischen Charaktere von Hans und Sophie. In diesem Werk sieht man dagegen vor allem die Emotionen der beiden kurz vor ihrem Tod. Das ist großartig und ermöglicht in Verbindung mit den Biografien eine vertiefende Darstellung dieser herausragenden Persönlichkeiten.
Nicolas André, Musikalische Leitung WEISSE ROSE
Das ist eine absolute Premiere. Wir arbeiten ins Unbekannte hinein, nehmen Musik auf, ohne das visuelle Gegenstück zu kennen. Normalerweise laufen szenische und musikalische Proben in der Oper parallel und ich tausche mich zwischendurch immer wieder mit dem Regieteam aus. Als Dirigent an einer Graphic Opera zu arbeiten, ist für mich aufregend: Bevor der Dreh mit den Sänger*innen stattfindet und die Animationen gezeichnet werden, nehmen wir erst einmal nur die Musik auf. Das gibt uns die Chance sehr detailliert und zugleich extrem zu sein, wie es auf der Bühne oder im Orchestergraben oftmals nicht möglich ist. Gerade für die Grenzsituation der beiden Charaktere in diesem Werk und die psychologische Musik von Udo Zimmermann – eine wirkliche Rarität – sind diese musikalischen Feinheiten wertvoll. Die Mikrophone geben uns die Möglichkeit ganz intim zu werden, einzutauchen in die Herzen und die Psyche der Protago-nist*innen. Die Ruhe der Komposition finde ich unglaublich faszinierend und gelungen.
David Bösch, Regisseur „Weiße Rose"
„Es lebe die Freiheit!"... waren die letzten, berühmt gewordenen Worte von Hans Scholl kurz vor dem Sterben.
Und „Freiheit" schrieb Sophie auf die Rückseite der Anklageschrift.
Mit Bleistift.
In unserem Kopf tönt heldenhaft, heroisch, furchtlos ...
... die Stimme eines gläubigen, jungen Mannes.
Aber wie klang es in seinem Kopf in den Stunden davor?
In seinen Gedärmen, unter seiner Haut ...
Im Angesicht des Todes.
Allein in der Zelle.
Allein mit sich.
Allein mit Gott.
Eine Träne rollte über sein Gesicht, als er an ein Mädchen dachte.
So erinnern es die Eltern.
„Freiheit" schrieb Sophie Scholl auf die Rückseite der Anklageschrift.
Mit Bleistift. Einem dünnen.
Die Bilder ihrer Freunde ein letztes Mal betrachtend.
Ein letzter Besuch der Eltern.
Bloß nicht weinen.
Erinnert sich der Vater.
Danach eine letzte Zigarette (fast wie auf dem Pausenhof) und dann war der Kopf ab.
Widerstand zu leisten.
Das muss man lernen und sich trauen.
Dafür ist Kunst da.
Und deswegen ist kulturelle Bildung so wichtig!
Pädagogisch wertvoll und nachhaltig anarchistisch sollte sie sein.
Dafür sind die beiden und all die anderen gestorben, haben ihr Leben gegeben.
Denkmäler und anonyme Gräber.
Jung, vorbildhaft stark und traurig ist das.
Im 4. Flugblatt der Weißen Rose heißt es:
„Wir schweigen nicht. Wir sind euer böses Gewissen, die Weiße Rose lässt euch keine Ruhe ...
Bitte vervielfältigen und weitersenden!"
So heißt es im 4. Flugblatt der Weißen Rose.
Das ist ihr Auftrag an uns.
Dafür haben sie gelebt und dafür haben sie nicht gelebt. Ihr Leben gegeben.
Also alles auf Anfang ...
Kamera läuft ...
Orchester spielt ...
Projektpartner sind der Europäische Kultursender ARTE und die Bundeszentrale für politische Bildung sowie die Weiße Rose Stiftung. Die Produktion wird gefördert von der Körber-Stiftung und der Stiftung zur Förderung der Hamburgischen Staatsoper.